Rolf von Bleichert (1934 – 2025)
Ein deutsch-amerikanischer Unternehmer als Förderer der Leipziger Industriegeschichte verstorben
Am 19. Mai 2025 ist Rolf von Bleichert in Fort Lauderdale, Florida (USA), verstorben. Rolf Adolf von Bleichert wurde als zweiter Sohn des Dipl.-Ingenieurs für Maschinenbau Wolfram von Bleichert (1905–1991) und dessen erster Ehefrau Hildegard, geb. Bech (1911–1997), am 17. Februar 1934 in Leipzig geboren. Sein Vater war ein Enkel des Ingenieurs Adolf Bleichert (1845–1901), des Gründers und Inhabers der weltberühmten Firma für den Bau von Drahtseilbahnen Adolf Bleichert & Co. Leipzig-Gohlis.

Fotograf: Hartmut von Bleichert, Rom
Rolf wuchs bei seinen Eltern in Berlin und Köln auf. Nach dem Abitur 1952 erhielt er eine kaufmännische Ausbildung bei der Firma Ford in Köln. Er wanderte 1959 in die USA aus und nahm deren Staatsbürgerschaft an. Er arbeitete bei verschiedenen Import-Export-Firmen, seit 1985 bei Dell Products in Chatham (New Jersey), die tiefgefrostete Fruchtsäfte herstellte. In dieser Firma errang er leitende Positionen. Daneben gründete er eine eigene Importfirma RvB Corporation für Kasien aus osteuropäischen Ländern in Chatham. Dieses Unternehmen betrieb er bis zu seinem 80. Lebensjahr.
Rolf von Bleichert stand zur Tradition der Firma Bleichert. Die Firma bezeichnete sich mit Recht und Stolz „als älteste und größte Fabrik für den Bau von Drahtseilbahnen“. Zwischen den beiden Weltkriegen war sie Weltmarktführer beim Bau von Personenseilbahnen. Außerdem vergrößerte sie ihre Produktpalette, so produzierte sie seit den 1920er Jahren den weit verbreiteten Elektrokarren mit dem sprechenden Namen „Eidechse“ und in den 1930er Jahren einen PKW mit Elektroantrieb. Auch die Nachfolgefi rma in der DDR war unter dem Namen VEB Verlade- und Transportanlagen (VTA) Leipzig ein bedeutender Betrieb im Kombinat TAKRAF. Zu den Spitzenprodukten gehörten moderne Containerkrane. Die Probeläufe fanden im Betriebsteil Eutritzsch im Tag- und Nachtbetrieb statt, ebenso wie Bandanlagen für den Transport von Abraum und Rohkohle im Braunkohlentagebau. Diese Produkte wurden vor allem im Betriebsteil II entwickelt, erprobt und hergestellt, der auf Eutritzscher Flur lag. Im Zuge der deutschen Einheit wurde bei der Umbildung des Kombinates in eine AG zugunsten anderer Standorte in Eberswalde, Köthen und Lauchhammer entschieden. VTA wurde liquidiert. Damit endete nach über 100 Jahren der Bau von Transportanlagen.

Klicken Sie auf das Foto, um es in größerer Darstellung zu öffnen.
Nach dem Jahr 2000 nahm von Bleichert Kontakt zu den Autoren der Gohliser Historischen Hefte über die Firmengeschichte Bleichert/VTA in Leipzig-Gohlis und zu den Organisatoren der Bleichert-Ausstellungen auf. Er stellte für die Ausstellungen in Dresden (Standseilbahn Loschwitz), Leipzig (GaraGe-Technologiezentrum für Jugendliche und Sächsisches Staatsarchiv), Goslar (Weltkulturerbe Rammelsberg) und anderen Orten (Grimma: Kreismuseum, Neukirchen/Wyhra: Volkskundemuseum) zahlreiche Dokumente und Objekte zur Familien- und Firmengeschichte Bleichert zur Verfügung. Die Ausstellungen entstanden in Zusammenarbeit mit Carsten Lauterbach, Leiter der Dresdner Berg bahnen. Den Druck der Bleichert-Hefte haben R. v. Bleichert und seine Söhne finanziell unterstützt. Die Verteilung der Bleichert-Kalender unter den Bleichert-Nachkommen, die über die halbe Welt verstreut sind, hat er engagiert organisiert.
Über viele Jahre entwickelte sich eine enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Rolf von Bleichert, dem damaligen Bürgerverein Gohlis e. V. und dem nicht mehr existierenden Förderverein Heinrich-Budde-Haus e. V. Sein Wirken fand die Krönung in der kostenlosen Übergabe aller Dokumente und Objekte für die Bleichert- Ausstellungen an das Sächsische Wirtschaftsarchiv Leipzig zur Aufbewahrung, Pfl ege und Nutzung für die Forschung. Im hohen Alter zog sich von Bleichert in das wärmere Florida zurück. Er fand in seinem Neffen Hartmut von Bleichert, der in Rom (Italien) als Unternehmensberater tätig ist, einen kompetenten und aktiven Nachfolger für die Pflege der Bleichert-Geschichte. (siehe auch www.vonbleichert.eu )
Dr. Manfred Hötzel (Leipzig)
Der Verfasser dankt Markus von Bleichert (Überlingen) für freundliche Hinweise zum beruflichen Werdegang Rolf von Bleicherts.
Bemerkung: Der Autor ist Historiker und hat in vielen Jahren zur Geschichte der Firma Bleichert/VTA, der Ortsgeschichte von Gohlis und zur Biografie des Leipziger OBM Dr. Erich Zeigner gearbeitet.